KamaSutra: Das indische Lehrbuch der Liebe (Teil2)
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Während wir uns als sexuell befreit und modern betrachten,
übersehen wir gern, dass wir letztendlich doch immer noch
gehemmt und keineswegs immer natürlich mit Sexualität und Erotik
umgehen. Sex wird vollzogen, aber nicht so lustvoll zelebriert
wie es sein könnte.
Der Bereich der Sexualität wird aus unserem täglichen Lebens
ausgegrenzt, läuft nebenher und bildet mit uns keine Einheit,
sondern stellt einen Randbereich dar. Nicht so in der Lehre des
KamaSutra. Als das Werk vor 1600 bis 1900 Jahren von einem Inder
geschrieben wurde, war es den Menschen seiner Heimat nicht
vorstellbar, dass Sexualität etwas Schuldhaftes, Sündiges sein
könnte. Es geht um Sinnlichkeit und pure Lebensfreude Liebe, Sex
und Erotik passieren nicht nur im Moment der Vereinigung,
sondern sie sind allgegenwärtig und fließen in alle
Lebensbereiche mit ein. Sex im KamaSutra ist nicht nur das
Einführen des Gliedes in die Vagina, sondern es ist alles
zusammen. Fantasie, Vorbereitung, Herzklopfen, Gestik, Mimik,
Lachen, Weine, Essen, Kleidung, Düfte, Streicheln, Küssen,
Kratzen, Freude, Sinnlichkeit, Ekstase, Glück und noch vieles
mehr… Das KamaSutra beschreibt Sexualität als Kunst, bei der das
Gefühl genauso gefordert ist, wie der Verstand. Als ständiges
Spiel zwischen den Geschlechtern.
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Das Werk ist also kein Buch über Sex. Vielmehr beschäftigt es
sich mit der elementaren Bedeutung, die die Benutzung all
unserer Sinne für ein harmonisches Leben hat – im Sinne der
Hindus wohlgemerkt! Es gibt für den Hindu drei grundlegende
Dinge des Lebens: Das Dharma, das sich mit der Religion
beschäftigt, das Artha, das mit Wirtschaft und Politik im
Zusammenhang steht und das Kama, das Leben der Sinne. Ziel ist
es, eine Harmonie zwischen diesen drei elementaren Teilbereichen
des Lebens herzustellen. Nur dann ist Harmonie und damit Glück
zu erreichen. Während heute in der westlichen Welt bei den
meisten Menschen ein Ungleichgewicht zwischen diesen drei Dingen
besteht, streben die Hindus nach Harmonie zwischen diesen
Lebensbereichen.